
Das Gastronomieerlebnis neu denken
Ein Blick hinter die digitalen Kulissen im Hofbräuhaus München
Dass bereits heute viel an Zukunft gedacht wird, zeigt der rasante Wandel der Zeit. Und doch sind Vision und Innovationsspirit oft verbunden mit Unsicherheit und Skepsis. Dafür sorgen in der Gastronomiebranche aktuell die Herausforderungen der Corona-Pandemie und des Fachkräftemangels. Auf der anderen Seite stehen die Chancen, die Weichen der Zeit zu nutzen und Schritt für Schritt in ein neues, digitales Gastronomieerlebnis zu investieren. Michael Sperger, Geschäftsführer und Wirt des Hofbräuhaus München, zeigt, wie wichtig es ist, aus Unsicherheit Mut zu machen und warum Produktivität, Agilität und echte Gastfreundschaft heute wichtiger sind denn je. Freundlicher Service, nette Atmosphäre und gute Küche treiben die Gesellschaft immer wieder in schöne Lokale dieser Welt. Die aktuelle Corona-Pandemie hat gelehrt, dass es oft die kleinen Dinge waren, die im Lockdown-Alltag fehlten. Sei es das Treffen mit Freunden im Restaurant, das kurze Gespräch mit dem Kellner, das Rauskommen aus dem Alltag oder die Vorfreude auf ein kühl gezapftes Bier. Aktuell hat die Gastronomiebranche, die von zufriedenen Kunden lebt, hart zu kämpfen. Neben den Herausforderungen der Corona-Pandemie steckt sie inmitten eines Umbruchs. Der steigende Fachkräftemangel und neue technologische Möglichkeiten erwecken den Wunsch und die Notwendigkeit vieler Gastronomiebetriebe, digitaler zu werden. Um es mit den Worten Spergers zu sagen: „Wir müssen so schnell auf Veränderungen reagieren, wie sie entstehen.“

Im Detail heißt das, das Immerwährende mit neuen Ideen und modernen Konzepten zu kombinieren, um den Gästen weiterhin mit Qualität und gutem Service zu begegnen. Michael Sperger ist sich sicher, dass die Digitalisierung das Gastronomiegewerbe maßgeblich bestimmen werde. Während also die Tradition des Handwerks bewahrt wird, lassen sich vorhandene Ressourcen besser nutzen und Gastronomiebetriebe rüsten sich mit Flexibilität für zukünftige Anforderungen ihrer Kunden.
Das berühmteste Wirtshaus der Welt
Es gibt wohl kein Wirtshaus, das weltweit so bekannt ist, wie das Hofbräuhaus im Herzen von München. Dort kommen junge und alte Besucher, Touristen und Stammkunden zusammen, um sich von traditionellen Gerichten im bayrischen Ambiente verwöhnen zu lassen. Vor der Pandemie zählte das Hofbräuhaus am Platzl bis zu 2 Millionen Besucher pro Jahr. Gäste, die ohne lange Wartezeit und mit gleichbleibend hoher Qualität und Frische bedient werden möchten. Wie da kein Chaos ausbricht und welche Lösungen die gastronomischen Abläufe erleichtern, wird mit einem Blick hinter die Kulissen des Wirtshauses aufgedeckt und anhand der Route durch das digitalisierte Hofbräuhaus skizziert.

Effizientes Zusammenspiel von Produktion, Logistik, Küche und Service
Neben unzähligen Maß Bier werden im berühmtesten Wirtshaus der Welt täglich mehrere tausend Essen serviert. Die Lebensmittel werden am Produktionsstandort in Brunnthal in der dort ansässigen Metzgerei, Bäckerei und Küche so vorbereitet, dass sie im Wirtshaus schnell und frisch weiterverarbeitet werden können.
Branchenkenner und Gastronom des Hofbräuhauses Michael Sperger ist begeistert von den vielen Möglichkeiten, die die Digitalisierung der Gastronomie eröffnet und begegnet diesen mit hohem Innovationsgeist: „In der Gastro-Branche muss alles schnell, zuverlässig und konstant gemacht werden, um gleichbleibende Zubereitungs- und Speisenqualität zu gewährleisten. Für uns ist der Einsatz digitaler Lösungen ein Gewinn in jedem Prozessschritt und die beste Maßnahme für mehr Effizienz.“ Digitale Tools helfen dabei, routinierte Prozesse zu vereinfachen, zu beschleunigen und einzelne Geschäftsbereiche sinnvoll miteinander zu verknüpfen.

Der erste Schritt besteht darin, das betriebliche Umfeld prozessorientiert unter die Lupe zu nehmen und genau zu betrachten, welche Maßnahmen die Produktivität steigern. Denn in der Gastronomiebranche ist die Ressource Zeit weiterhin ein knappes Gut. Da, wo alles aufeinander aufbaut, ist ein zentrales Steuerungselement unabdingbar. Im Hofbräuhaus werden die gesamten Daten, die für die einzelnen Aufgabenbereiche von der Lagerung bis zur Zubereitung benötigt werden, zentral gesammelt und koordiniert.
„Der wichtigste Schritt, digital zu werden, bestand für uns darin, unser vorhandenes Softwaresystem zu ersetzen, auf dessen Basis wir nicht die gewünschte Konnektivität, Integrität und Performance erreichen konnten. Ein System, das alle Bereiche vernetzt, spart Zeit und Geld und ermöglicht wunschgemäße Transparenz sowie weitere digitale Entfaltungsmöglichkeiten“, ergänzt Michael Sperger. Produktionsstandort, vollautomatisches Hochregallager und Hofbräuhaus sind so intelligent miteinander verknüpft, dass der Materialfluss sich wie von selbst steuert und reibungslose Abläufe den Gastronomiealltag bestimmen.

KI-Unterstützung für eine optimale Ressourcenplanung
Im Detail beginnt die Digitalisierung im Hofbräuhaus bereits damit, Prognosen für eine bessere Planung und punktgenaue Bestellungen vorherzusagen: „Wir wissen genau, wann wir wie viele Gäste erwarten können und welche Gerichte an diesen Tagen typischerweise bestellt werden“ führt Michael Sperger fort. Mitarbeiterzahl und Warenvorrat richten sich nach Historie-Daten, die Erkenntnisse über das Verhalten der Gäste geben und anhand derer es möglich ist, ihren Erwartungen künftig noch besser gerecht zu werden. In diesem Fall wertet die „Predictive Artificial Intelligence“ gesammelte Daten über das Wetter, Feiertage, Trends, Verhaltensweisen und Auslastungen aus und visualisiert sie auf echtzeitgesteuerten Dashboards. Der prognostizierte Überblick verschafft Planungssicherheit auf einem neuen Niveau. Die intelligente Ressourcenplanung vermeidet Lagerüberkapazitäten und sorgt dafür, dass zu jedem Zeitpunkt die notwendigen Lebensmittel zur Zubereitung der gewünschten Gerichte vorhanden sind. Das digitale Lagermanagement bietet einen Überblick über geplante und verbrauchte Lebensmittel und spart hohe Inventurkosten.
Die Bestellungen werden im Wirtshaus vom Kellner aufgenommen und im Kassensystem eingetragen, welches direkt mit dem Warenwirtschaftssystem und der Küchensteuerung kommuniziert. Die jeweilige Zutatenmenge wird automatisch im Lagerbestand des Systems abgebucht. In der Küche des Hofbräuhauses warten die Köche schon an ihren eigenen Kochstationen, an denen jeweils ein Gericht zubereitet wird. Sie sind bereits mit den benötigten Zutaten ausgestattet. Auf einem Bildschirm in ihrer Station sehen sie das nächste zuzubereitende Gericht, welches das System automatisch den entsprechenden Küchenposten zuteilt. Natürlich so, dass alle bestellten Gerichte pro Tisch zeitgleich eintreffen.

„Dank der Digitalisierung können wir heute mit sechs Leuten in der Küche stets bedarfsgerecht die Essen zubereiten, ohne Chaos und just-in-time“, so Küchenchef Wolfgang Reithmeier, der seit vielen Jahren die Wirtshausgäste aller Welt bekocht. Aus Sicht der Köche und Kellner ist diese mobile Art der Kommunikation eine Arbeitserleichterung: „Wir können uns durch die Technik vollkommen auf die Zubereitung der Speisen fokussieren und wissen zu jedem Zeitpunkt, was gemacht werden muss und was dafür benötigt wird. Unsere Küchengeräte und Kühlschränke sind ebenfalls digital vernetzt und an das zentrale ERP-System angeschlossen, so dass die vollintegrierte Küche Effizienz schafft und Ruhe und Qualität garantiert“ sagt Wolfgang Reithmeier. Gute Arbeitsteilung und ein reibungsloser Ablauf mit zentralisierten Handgriffen machen möglich, dass der Charme des berühmten Wirtshauses nie verloren geht: Traditionelle Musik, bayrisches Ambiente, frisches Essen und kalt gezapftes Hofbräu. Und natürlich Gäste, die zu vollster Zufriedenheit bewirtet werden.
Das Hofbräubier wird über eine vernetzte Schankanlage gezapft. Die Sensorik der Anlage wird überwacht und die Werte über die gezapfte Menge dokumentiert. Der Kellner gibt im Vorfeld in die Kasse die bestellte Menge ein und die Schankanlage schenkt das exakte Volumen aus, welches parallel im Lagerbestand abgebucht wird.

Tradition trifft Moderne
„Wenn Tradition und Moderne aufeinandertreffen, kann das was wirklich Großartiges ergeben. Entscheidend ist, den richtigen Softwarepartner an der Seite zu haben, der den eigenen innovativen Spirit zusätzlich beflügelt. Wir wechselten schließlich zum Unternehmen SLA, einem der führenden Entwickler von IT-Lösungen speziell für den Lebensmittelbereich. Die Expertise von SLA brachte uns genau den Schub nach vorn, den wir gesucht haben. Zudem verlief der Übergang so reibungslos, dass weder Produktion noch das tägliche Geschäft eingeschränkt wurden“ erwähnt Michael Sperger.

Offene Kommunikationsschnittstellen und ein zentrales System ermöglichen es dem Gastronomiebetrieb eine gleichbleibend hohe Qualität an den Tag zu legen. „Die Folgen der Corona-Pandemie möchte ich mit unseren Erfahrungen gar nicht abmildern, aber ich möchte damit zeigen, dass sie Umsatzeinbußen langfristig abfedern können. Denn Effizienz und Kostenersparnis werden immer eine große Rolle spielen“ erklärt Michael Sperger. In Zeiten von Abstandsregeln und strengeren Hygienevorschriften ist Kreativität und Flexibilität gefragt. Eine Investition in digitale Lösungen heißt nicht zwangsläufig, alles auf einmal machen zu müssen. Auch hier liegt die Ruhe in der Kraft und eine schrittweise Umstrukturierung betrieblicher Abläufe ist die Regel. So lassen sich nach und nach hohe Personalkosten, Arbeitskräftemangel und steigende Bürokratie überwinden.

Modularität schafft Flexibilität für zukünftige Anforderungen
Die modulare Service-Architektur im Hofbräuhaus gibt zudem innovativen Spielraum und lädt weitere Gastronomen ein, davon zu profitieren – jenseits von Personalmangel und Materialknappheit. Wirten anderer Restaurants und neuen Gastronomiegründern steht eine B2B-Plattform in Form einer App und Webanwendung mit dem gesamten Gastronomiekonzept des Hofbräuhauses auf Basis modularer Microservices zur Verfügung. Sie können ihre Rezepturen und benötigten Warenmengen in der Plattform hinterlegen, die dann ebenfalls am Produktionsstandort im Brunnthal vorbereitet und täglich zu den Restaurants geliefert werden. Dabei wird einerseits eine gleichbleibende Frische und Qualität garantiert, andererseits spart der Wirt Lagerfläche im eigenen Restaurant, die er zur Unterbringung weiterer Gäste nutzen kann. Eine ideale Unterstützung für bestehende Gastronomen und Neugründer, die ihre Gastronomievision mithilfe einer bewährten Plattform simpel verwirklichen und den Fokus auf den Gast intensivieren können. In der Pipeline zur Ergänzung der Plattform steht außerdem noch ein neues Qualitäts- und Hygienemanagement und derzeit wird an digitalen Speisekarten und dynamischen Bestellkonzepten gearbeitet.

Der Mensch bleibt Mittelpunkt der Gastronomie
Bei aller Digitalisierung und Technisierung steht im Mittelpunkt der Gastronomie immer noch die Begegnung mit Menschen. „Echte Gastfreundschaft, der persönliche Kontakt und das Lächeln des Gastes lassen sich nicht digitalisieren und das ist, was den Gastronomiealltag lebenswert macht. Die Digitalisierung unterstützt uns dabei, diese Werte zu fokussieren“ führt Michael Sperger fort. Wenn Daten und Informationen aus verschiedenen Bereichen so zusammengetragen werden, dass sie für andere Bereiche nutzbar gemacht werden, definiert das das Gastronomieerlebnis grundlegend neu. So schaffen digitale Softwaresysteme neue Handlungsspielräume und geben Raum für weitere Innovationen, die Personal und Preisniveau sich selbst regulieren lassen und die Nähe zum Kunden in den Fokus rücken.